Ich bin Werbefotograf mit Leib und Seele, habe meine Seele an die Kamera verkauft – und ab und an meine Seele für eine Kamera (oder ein schönes Licht).
Damals fing alles mit einer kleinen Plastikkamera an, die mir mein Vater zum Geburtstag geschenkt hat. Ein einfaches Ding, das ich von dort an stets mit mir führte. Irgendwann reichte mir diese kleine Kamera nicht mehr, eine andere musste her. So wurde meine zweite Kamera eine Minox – eine manuelle Kleinbildkamera, bei der man die Entfernung schätzen musste und über einen Einstellring hat man Blende und Tiefenschärfe eingestellt. Schon zu dem Zeitpunkt war ich mir über den Zusammenhang zwischen ISO, Blende und Belichtungszeit bewußt.
Im Laufe der Zeit sind alle Kamerasysteme hinzugekommen: Mal begleitete mich in meiner Freizeit eine Olympus MJU (selbstverständlich mit Film), während ich im professionellen Bereich von Kleinbildkamera auf Hasselblad und der Fachkamera Sinar wechselte. Irgendwann wichen diese Boliden den ersten Digitalkameras – und auch heute nutze ich für einige Jobs noch gerne eine Phase One oder eine Hasselblad mit ordentlichem Rückteil.
Die Technik…. Ihr müßt Euch meine Begeisterung vorstellen, als ich mit zarten 19 Jahren eine Ausbildungstelle in einem sehr großartigen Werbestudio antreten konnte. Drei Jahre bin ich Auszubildender in dem STUDIO CASA in Münster gewesen, wurde nach dieser Zeit übernommen. Akribie in Sachen Licht und fotografische Perfektion übernahm ich von meinem Chef Thomas Ripkens, dem ich als Azubi oft zuarbeiten konnte. Zehn Lampen am Set, unterschiedliche Lichtsysteme, die Hasselblad oder die Lupe an der Sinar-Fachkamera am Auge, Lichttests auf Polaroid, eigene E6-Entwicklung… So sah mein Arbeitsalltag aus. Und ich habe dort verdammt viel lernen können. Fotografiert wurde hochsegmentiges Wohninterieur, von Küchen aus Gütersloh, über Amaturen aus Deutschland bin hin zu Echtholzfüßböden aus Coesfeld.
Einzig der Mensch kam zu kurz. Modelle waren stets umstandsbedingt eher schmückendes Beiwerk. Meine heutige Arbeit besteht hingegen zu nahezu 100% aus Peoplefotografie!
Von einer kleinen Knipse bis hin zur feinen Fachkamera habe ich schon alle Kamerasysteme benutzt und mich mit allen wohl gefühlt. Leider bleibt – zumindest mir in meinem Arbeits-Alltag – in der heutigen Zeit kaum die Möglichkeit, wieder einen Film zu benutzen.
Immer wieder denke ich gerne an die Zeit zurück, als ich das elterliche Badezimmer zu einer Dunkelkammer umfunktioniert habe, alle Lücken abgedichtet und das Bad für mehrere Stunden am Stück belegte, um Filme zu entwickeln oder auch mal Baryt-Abzüge von den gelungensten Motiven anfertige. Den Chemieduft immer in der Nase, später auch auf der Haut und in den Klamotten. Da gab es auch immer die braunen Entwicklerflecken auf der Kleidung, die nie wieder raus gingen. Den Spaß daran habe ich nie verloren, nur wich diese Zeit dem neuen digitalen Zeitalter.
Meine Arbeit findet nun hauptsächlich am Rechner statt. Aber in der letzten Zeit reizte es mich, wieder einen Film in meine alte F3 einzulegen und zu schauen, ob ich noch Spaß an echten Film-Bildern habe.
In meiner Zeit an der FH Dortmund, wo ich Fotodesign studiert habe, war die Dunkelkammer ungleich komfortabler, aber ich habe schnell die Vorzüge der digitalen Systeme kennen gelernt und Technik immer früh adaptiert. Meine Gesellenstück in der Fotografie-Ausbildung entstand auch schon voll digital, als die Kameras noch Pixel wie Legosteine gehabt haben.
Und selbst heute, nach knapp dreißig Jahren hinter der Kamera (dabei bin ich gar nicht so alt, ich habe halt früh angefangen und fühle mich auch noch viel jünger) bin ich immer noch hier. Ich habe Spaß daran, Bilder zu gestalten, mich weiter zu entwickeln, nicht stillzustehen. Die Kamera ist dabei Mittel zum Zweck, die Systeme passe ich den Anforderungen an. Auf Reisen liebe ich meine kleine handliche Fuji X PRO 2, im Studio und on Location verwende ich meist meine 50 MP-dicke Nikon – oder halt Mittelformat-Kameras wenn es mal richtig hochaufgelöst sein soll und der Stil zu der Produktion passt. Ich sehe überall Bilder und ärgere mich sehr, wenn ich dann keine Kamera bei mir habe. Zur Not reicht halt auch die Plastiklinse meines Google Pixels – und die werden in der Tat immer besser.
Viele Bilder entstehen im Kopf – die müssen von Zeit zu Zeit als freie Projekte umgesetzt werden. Es gibt viele Themen, die mir am Herzen liegen. Als Fotograf bekomme ich nahezu täglich neue Einblicke und Impressionen. Heute zu Gast bei dem Kunden, der jenes herstellt, morgen lichte ich Menschen in einem völlig anderen Umfeld ab.
Wie ich schon eingangs schrieb: Fotograf mit Leib und Seele. Ich denke, ich habe meinen Beruf gefunden. Nicht nur meinen Beruf, meine Berufung, meine Passion. Und wann kann man bessere Ergebnisse abliefern, wenn man nicht für die Fotografie brennt. Es ist halt nicht nur ein Job zum Geld verdienen, sondern eigentlich… wie soll ich es sagen.. mein Leben?! Ich kann mir schwer vorstellen, etwas anderes zu machen. Und es stimmt: Selbstständigkeit= Selbst+Ständig. Mein Business ist nicht skalierbar. Für meine Kunden bin ich am Set. Meine Bildsprache, mein Wissen und mein Verständnis von Fotografie und Motiven ist es, für das ich gebucht werde.
Und warum Werbefotograf? Ganz ehrlich, ich habe mit 16 angefangen, für lokale Tageszeitungen zu fotografieren. Furchtbar! Den Job eines klassischen Fotoreporters will ich nicht machen (wollen). Massenware, ein (belangloser) Termin jagt den nächsten, jedes Jahr geht der Terminzyklus von vorne los, mit 60 Herzanfall, dann das Ende? Ich habe das große Glück gehabt, nach meinem Abitur eine sehr gute Ausbildungsstelle gefunden zu haben, das Studio Casa in Münster, wo ich auch meinen Gesellenbrief gemacht habe. JA, ich bin ausgebildeter Fotograf – trifft man heute ja nur noch recht selten. Mit feinen Hasselblads und tollen Sinar-Fachkameras wurden hier noch richtige Werbeaufnahmen komponiert. Analog natürlich – das perfekte Bild in EINEM Schuss. Keine Retusche mehr, kein Photoshop – das kam erste später. Hier habe ich gelernt, wunderbar mit künstlichem Licht umzugehen, ganze Sets mit zehn Lampen auszuleuchten, wenn es sein muss. Und das alles für die kurze 1/60 Sekunde des Auslösens.
Die perfekte Ergänzgung war mein Studium an der FH Dortmund – Kommunikationsdesign. Hier folgte die künstlerische Auseinandersetzung, die konzeptionelle Arbeit an Themen, die freie Entfaltung. Zugegeben: 14 Semester sind schon eine recht lange Zeit, aber nebenbei habe ich schon viel fotografiert und assistiert. Und ehrlich? Ich war lieber mit dem Fotografen Matthias Nordiek am Set als für langatmige Vorlesungen im Hörsaal oder im Kursraum. Da habe ich lieber geholfen, Tokio Hotel in Berlin zu portratieren als Scheine für das Studium zu machen. Und ein Foto-Design-Studium ist auch etwas anderes als zum Beispiel BWL. Das würde ich auch lieber in acht Semestern durchziehen, aber die Fachhochschule Dortmund war eher eine Art Spielplatz, auf dem man viel (und auch sich) ausprobieren konnte, seinen eigenen Stil gefunden hat.
Und das bin ich: Ein Fotograf, technisch versiert (ich glaube, da macht mir kaum einer etwas vor, zur Not kann ich auch noch den Brechungsindex von Glas herunterbeten oder die Funktionsweise der Silber-Entwicklung erklären) und konzeptionell „aufgeklärt“. Ich kann Geschichten entwickeln und erzählen. Und ich beherrsche die Technik, das auch zu zeigen.
Und das werde ich noch eine ganz schön lange Zeit so weiter machen….